Allgemeines

Eine Zwangsstörung (Zwangsneurose oder Anankasmus) ist eine psychische Erkrankung, bei der es dem Betroffenen nicht gelingt, bestimmte, sich immer wieder aufdrängende Gedanken und Aktivitäten zu unterdrücken oder zu verdrängen, z.B. zwanghaftes, ständiges Händewaschen. Die Betroffenen sehen die Sinnlosigkeit ihres Denkens und Handelns ein, sie können sich jedoch nicht anders verhalten. Beim Versuch, den Zwängen Widerstand zu leisten und die Zwangshandlung zu unterlassen, kommt es zu erheblicher Anspannung und Angst.

Die Störungen beeinträchtigen den normalen Tagesablauf, die beruflichen Leistungen und die sozialen Kontakte.

Zwangsimpulse können zu bestimmten Zwangshandlungen wie z. B. verschiedene Kontrollzwänge oder Waschzwang führen. Aggressive Zwangsimpulse wie z. B. jemanden zu verletzen, zu verstümmeln oder zu töten werden praktisch nie ausgeführt bedeuten aber eine starke Beunruhigung und Belastung für die Betroffenen.

Auch gesunde Menschen zeigen Verhaltensweisen, die denen in Zwangsstörungen ähneln. So kennt bestimmt jeder von sich den Augenblick, in dem er das Haus verlässt und sich fragt, ob der Herd tatsächlich ausgeschaltet ist. Dieser Gedanke lässt einem, obwohl man eigentlich weiß, dass man den Herd immer ausmacht, keine Ruhe, so dass man vorsichtshalber dann doch in der Küche nachschaut. Im Unterschied zu diesem Verhalten wird jedoch bei Zwangskranken der gesamte Alltag von Zwangsgedanken und/oder Zwangshandlungen beeinträchtigt. Dies kann soweit gehen, dass der größte Teil des Tages mit Zwangsgedanken und/oder Zwangshandlungen ausgefüllt ist.

Vorkommen

Es ist davon auszugehen, dass etwa 2 bis 3 % der Bevölkerung von Zwangsstörungen betroffen sind. Einzelne Zwangssymptome können bei ungefähr 8 % der Normalbevölkerung festgestellt werden wobei Männer und Frauen etwa gleich häufig betroffen sind. Die Erkrankung beginnt meist in der Jugend oder im frühen Erwachsenenalter. Etwa 50 Prozent der Patienten haben schon vor dem 18. Lebensjahr ausgeprägte Zwangssymptome. Zwangserscheinungen treten oft auch im Zusammenhang mit depressiven Störungen, Ängsten, Alkoholmissbrauch und Essstörungen auf.

Grundlagen & Ursachen

Im Allgemeinen geht die Psychologie davon aus, dass sowohl biologische als auch soziale und psychische Komponenten einen Einfluss haben können.

Psychoanalytische Theorien

Freuds Theorien begreifen Zwänge als Abwehrmaßnahmen gegen "verbotene" Impulse aus dem Unbewussten. Er hat sich ausführlich mit den Zusammenhängen zwischen elterlichem Erziehungsstil (z.B. im Rahmen der so genannten "Sauberkeitserziehung") und der Entstehung von Zwangssymptomen auseinandergesetzt. Weiter hat er die Aufmerksamkeit auf zahlreiche oberflächliche Ähnlichkeiten zwischen Ritualen im Kontext von Zwangserkrankungen und religiösen Ritualen gelenkt und so dazu beigetragen, dass positive Funktionen von "Zwängen" sichtbar wurden (Rituale als Hilfe im Umgang mit Gefühlen).

Lerntheoretische Erklärungen

Die Lerntheorie geht davon aus, dass eine Beziehung zwischen Zwängen und Angst besteht. So wird die Entstehung von Zwangshandlungen als eine Form der Angstbewältigung angesehen. Leidet etwa eine Person an der krankhaften Angst, sich zu beschmutzen oder durch das Anfassen schmutziger Gegenstände eine ansteckende Krankheit zu bekommen, wird sie diese Angst bewältigen, indem sie sich die Hände wäscht. Durch diese Handlung wird die Angst reduziert, und die Handlung wird wiederholt, weil dadurch das erneute Auftreten der Angst vermieden werden kann. Auf diese Weise tritt die Zwangshandlung an die Stelle der Angst.

Neurobiologische Aspekte

Biochemische Veränderungen: Es wird angenommen, dass die "Zwangsneurose" in hohem Maße biologische Ursachen hat, die z.B. zu einer Veränderung der Impulsübertragung an den Nervenbahnen des Gehirns führen. Diese scheinen durch bestimmte Medikamente günstig beeinflussbar zu sein.

Vererbung: Möglicherweise wird durch Vererbung (etwa von Merkmalen wie Ängstlichkeit, Unsicherheit) der Boden für eine spätere Zwangserkrankung bereitet. Es scheint so, dass eine individuelle Vulnerabilität vererbt wird, auf das Erleben bestimmter "stressreicher" Lebensereignisse mit der Ausbildung von Zwängen zu reagieren. Die genauen genetischen Mechanismen sind noch wenig erforscht.

Symptomatik & Typen

Zwangsstörungen zeichnen sich durch folgende Merkmale aus:
Bestimmte Gedankeninhalte oder Handlungen wiederholen sich immer auf die gleiche Weise, sie drängen sich der Person auf, obwohl sie als sinnlos erlebt werden. Sie können nicht vermieden oder unterdrückt werden. Bei dem Versuch, sich den Gedanken oder Handlungen zu widersetzen, tritt bei dem Zwangskranken intensive innere Spannung und Angst auf.

Es lassen sich drei Arten von Zwangserscheinungen unterscheiden, nämlich Zwangsgedanken, Zwangsimpulse und Zwangshandlungen. Bei etwa zwei Drittel der Patienten treten sowohl Zwangsgedanken als auch Zwangshandlungen auf.

Zwangsgedanken

Sind das zwanghafte Auftreten von Gedanken und Vorstellungen, die sich dem Betroffenen gegen seinen Willen aufdrängen. Die Inhalte der Zwangsgedanken sind oft absurd, blasphemisch, obszön oder gewalttätig bzw. sie werden im Sinne dieser genannten Kategorien vom Patienten subjektiv erlebt. Sie werden als sinnlos und sehr quälend empfunden. Die Betroffenen versuchen erfolglos, die Zwangsgedanken zu ignorieren oder zu unterdrücken.

Zwangsimpulse

Hierunter sind zwanghaft aufdrängende, unwillkürliche Handlungsimpulse gemeint. Die Betroffenen leben in der ständigen Angst, diese Handlung tatsächlich auch auszuführen, was aber meist nicht geschieht. Die Angst vor der Ausführung ist besonders groß bei aggressiven Zwangsimpulsen, wie z.B. dem Impuls, das eigene geliebte Kind zu verletzen oder zu töten. Zwangsimpulse können auch sexueller Natur sein, wie der Impuls zu unkontrollierten sexuellen Handlungen oder gegen sich selbst gerichtete Aggression zum Inhalt haben, wie z.B. der Impuls, von einer Brücke oder einem Hochhaus zu springen.
Meist entwickeln sich Zwangsrituale, durch die der Impuls abreagiert wird. Die Betroffenen drehen sich z.B. um die eigene Achse, gehen ein paar Schritte rückwärts oder sprechen einen bestimmten Satz.

Zwangshandlungen

Sind Tätigkeiten, die der Betroffene gegen oder ohne seinen eigenen Willen ausführt, obwohl sie weder als angenehm empfunden werden noch eine sinnvolle Funktion haben. Die Betroffenen wissen das, können aber die entsprechende Handlung nicht unterlassen ohne Angst und Spannung zu entwickeln.
Am häufigsten sind Wasch-, Ordnungs-, Zähl- oder Kontrollzwänge.
Sie sollen Anspannung und Angst vermindern und dienen als Vorbeugung gegen ein befürchtetes, aber objektiv unwahrscheinliches Ereignis, das Schaden zufügt oder Unheil anrichtet. Betroffene mit Waschzwang bauen beispielsweise so die Angst vor Infektionen ab.
Auch Zwangshandlungen werden oft in Form eines Zwangsrituals oder Zwangszeremoniells vorgenommen, das in bestimmter Form und Häufigkeit ausgeführt werden muss.

Zwangsgedanken und Zwangshandlungen treten meist in Kombination auf.

Verlauf und Prognose

Der natürliche Verlauf der Zwangsstörung ist aus Studien in den 70-er und beginnenden 80-er Jahren bekannt. Zu Beginn der Zwangsstörung treten häufig wiederkehrende Episoden mit anschließendem Rückgang der Symptomatik auf. Bei etwa 30 Prozent kommt es zu einem raschen Auf und Ab der Symptome (ein so genannter fluktuierender Verlauf).

Zwangsstörungen verlaufen meist chronisch, wobei die Intensität der Symptomatik allerdings schwanken kann. Sie neigen dazu, sich auszubreiten und beeinträchtigen dann immer größere Teile des Alltags, allein schon deshalb, weil Zwangshandlungen- und Rituale so viel Zeit in Anspruch nehmen können, dass andere Aktivitäten zu kurz kommen.

Sozialer Rückzug und Isolation sind häufige Folgen der Zwangsstörung, es können aber auch körperliche Schädigungen auftreten. So werden z.B. beim Waschzwang die Hände aus Angst vor Verschmutzung manchmal so oft gewaschen, dass sich Ekzeme bilden. Die Zwangssymptomatik kann so ausgeprägt sein, dass dem Patienten der Selbstmord als der einzige Ausweg erscheint.

Beratung & Behandlung

In der psychotherpeutischen Behandlung können folgende Behandlungsformen im Einverständnis mit dem Patienten zur Anwendung kommen:

  • Entspannungsvefahren, wie z.B. progressive Muskelentspannung / Relaxation - PMR (nach Jacobsen), Focusing, Trancearbeit, etc.
  • Kognitive Therapie
  • Tiefenpsychologische Verfahren
  • Soziotherapie
  • Biologische Behandlung = durch Arzt Ihrer Wahl

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